NASSEREITH. Don Camillo und Peppone

NASSEREITH (alra). Es braucht Selbstvertrauen und Mut, um sich einem derart bekannten Klassiker wie „Don Camillo und Peppone“ anzunehmen und den Vergleich mit den beliebten Verfilmungen nicht zu scheuen. Für das Ensemble der Franz Kranewitter b.ü.h.n.e Nassereith hat sich die Stückwahl als Glücksgriff bewährt – bei der Premiere am vergangenen Freitag überzeugten die DarstellerInnen mit dynamischer Spielstärke. Nach drei Jahren Pause genoss das Publikum im örtlichen Gemeindesaal, der im Theatersommer 2022 als Location dient, die flotte, pointenreiche Komödie, die auch musikalische Unterhaltung bot.

Gerold Theobalts Komödie nach dem weltberühmten Roman von Giovannino Guareschi lässt das ländliche Italien um 1946 aufleben. Die zwei Hauptprotagonisten – der Priester Don Camillo, der Stefan Agreiter wie auf den Leib geschrieben ist, und der frischgewählte Bürgermeister Peppone, den Philipp Mang sehr authentisch verkörpert, liefern den konfliktgeladenen Stoff, der sich seine Aktualität, wenn auch vor verändertem Hintergrund, durchaus bewahrt hat. Das kleine Örtchen Brescello ist gebeutelt vom permanenten Kampfmodus zweier ebenso dominanter wie leidenschaftlicher Streithähne. Priester und Bürgermeister schaufeln tiefe Gräben rund um ihre verbissenen Standpunkte in Bezug auf politische Positionen und Glaubensfragen und spalten damit die DorbewohnerInnen in zwei verbitterte Lager.

Actionreicher Stoff

Don Camillo schwingt nicht nur Reden von der Kirchenkanzel, sondern gerne auch die Faust – mit Peppone, der als Anführer der „Roten“ ohnehin ein im wahrsten Sinne des Wortes schlagfertiger Kämpfer ist, hat der gewitzte Pfarrer einen leidenschaftlichen Gegner gefunden. Zwischen Kindstaufe, Hochzeit und Todesfall fliegen die Fetzen – das Dorf marschiert lautstark und imposant auf – und vermag beinahe nicht mehr zu unterscheiden, ob es die Uneinigkeit bei einer Prozession oder gar Demonstration vorführt. Der Schützenchor Nassereith sorgt bei der Aufführung für die erforderliche Menschenmenge und liefert dabei nebst Quantität auch spielerische und musikalische Qualität.

Himmlische Dialoge

Don Camillo befindet sich in regelmäßigem Austausch mit seinem obersten Vorgesetzten – die Stimme von Jesus, ist in amüsanten Dialogen und „göttlichen Standpauken“ aus dem off zu hören – für diesen Akustikpart ist Thomas Seelos im Einsatz. Mahnend versucht Jesus sein Bodenpersonal mehr an der Vernunft denn der Emotion zu halten und muss dabei seine Position und Ernsthaftigkeit mehrfach untermauern: „Don Camillo – wer am Kreuz hängt, macht keine Witze!“ Sätze, wie dieser spicken frech das Stück und sorgen zurecht für Lacher.

Ein Hauch Amore

Ein Liebesdrama darf in der angekratzten italienischen Idylle keinesfalls fehlen – die Fehde des Kirchenmannes und des Dorfoberhauptes zieht ihre Kreise und die Feindschaft zwischen der begüterten Pasotti-Sippe, angeführt von Hermann Krabichler und der mittellosen Bruciata-Familie mit Reinhold Mang als Oberhaupt eskaliert immer wieder. Der Dauerstreit mündet in einer Beinahe-Katastrophe, als sich die Sprösslinge Gina, wortstark und impulsiv dargestellt von Johanna Schatz und Florian Ensmann als Mariolino zu ihrer Liebe bekennen.

Zeitloses Thema

Doch trotz aller Wortgefechte und Gewaltausbrüche verbirgt sich in den emotionsgeladenen Hitzköpfen beider Seiten doch auch ein guter Kern und tief versteckt eine Portion vereinender Sympathie. Als vermittelnde gute Seele bringt sich die ehemalige Lehrerin Signora Cristina mit der Weisheit ihres hohen Alters ein – Martina Wander verleiht der Rolle Nachdruck. Eine Botschaft rund um das Miteinander und die Toleranz, Themen, wie Streitkultur und Versöhnung liegen der Komödie als ernste Komponenten zugrunde. Die Schwierigkeiten für die Gesellschaft, wenn beides fehlt, und der Kraftakt, den der Erhalt von beidem benötigt, beschäftigen mehr denn je und verleihen der Geschichte zeitlosen Wert.

Frische Inszenierung – souveränes Ensemble

Das unter der Regie von Sylvia M. Huber umgesetzte Stück präsentierte sich am Premierenabend in kraftvollen Szenen mit starken und lebendigen Bildern, detailverliebten Kostüme und einem überzeugender musikalischen Part. Das sehr gut besetzte Ensemble spielte sich souverän und kompakt durch die intensiven und textgeladenen zwei Teile der Komödie. Neben den teils brachial-derb angelegten Passagen, die das Publikum unmittelbar amüsierten, waren es auch kleine Nebensätze, die durch feinen und auch spitzen Humor mit etwas Verzögerung gut nachwirken durften. Es gab viel Applaus für die Gesamtleistung der Franz Kranewitter b.ü.h.n.e Nassereith, die nach der erfolgreichen Premiere noch bis August mit „Don Camillo und Peppone“ für unterhaltsame Theaterabende sorgen wird.